来源:交际德语教程丨类型:听力丨难度:C1丨单词数:650丨音频:286S

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I: In unserer Reihe Kultur und Wissen haben wir heute Oliver Sens, Kurator am NRW-Kulturhaus in Bonn zu Gast. Sie haben die Fotoausstellung „Bilder, die bewegen“ zusammengestellt. Danke, dass Sie sich Zeit für ein Gespräch mit dt-radio nehmen, Herr Sens!

 

Sens: Sehr gern.

 

I: Herr Sens, Sie haben gerade eine ganz besondere Fotoausstellung im Haus. Sie zeigen berühmte Fotografien aus über einem Jahrhundert Fotogeschichte. Spontan fällt mir das Titelbild der „National Geographic“ aus dem Jahre 1985 ein. Steve McCurry fotografierte damals ein afghanisches Mädchen in einem pakistanischen Flüchtlingslager.

 

Sens: Ja, das ist ein ganz besonderes Bild, das um die Welt ging und viele Menschen berührt hat. Diese grünen Augen sie erzählen vom Leid der Flüchtlinge, vom Krieg. Niemand kannte ihren Namen, niemand wusste, was aus ihr geworden war. 2001 ging McCurry dann nach Pakistan, um das Mädchen mit den grünen Augen zu suchen.

 

I: Und fand sie schließlich auch. Dazu gibt es eine spannende Reportage. Welche anderen Fotos erwarten Ihre Besucher?

 

Sens: Wir haben eine, wie ich finde, ausgesprochen abwechslungsreiche Auswahl getroffen, zum Beispiel sehen Sie den berühmten Sprung des Volksarmisten Conrad Schumann.

 

I: Ah, der Mauerspringer. Er war im August 1961 bei der Bewachung von Bauarbeitern, die die Mauer errichteten, selbst vom Osten in den Westen geflüchtet.

 

Sens: Ja, das Bild ging damals durch die Medien. Wir haben in unserer Ausstellung das Foto mit einer Unterschrift von Schuman.

 

I: Aber zu noch größerer Berühmtheit kam sicherlich der sozialistische Bruderkuss, den Sie auch präsentieren.

 

Sens: Das ist ein Foto aus dem Jahr 1979, von Erich Honecker und Leonid Breschnew nach einer Rede anlässlich des 30. Jahrestages der DDR. Das Foto war später die Grundlage für das weltbekannte Bruderkussgemälde an der East-Side-Ga11ery. Der Moskauer Maler Dmitri Vrubel hatte es im Frühjahr 1990, also nur wenige Monate nach der Öffnung der Mauer, aufgetragen. Er und 117 weitere Künstler aus 21 Ländern gestalteten damals auf einem 1316 Meter langen Mauerabschnitt ihre Sicht auf den Fall der Mauer.

 

I: Mittlerweile ist die East-Side-Gallery die größte Freilichtgalerie der Welt. Doch zurück zu Breschnew und Honecker. Mich irritiert und fasziniert gleichermaßen die Symbolik dieser Aufnahme.

 

Sens: Der sozialistische Bruderkuss war sicherlich eine sehr drastische Form. Umarmungen oder Küsse auf die Wange waren ja normal und sind heute noch an der Tagesordnung, ein Kuss auf den Mund hingegen ist doch sehr speziell.

 

I: Was ist das Ziel ihrer Ausstellung? Geht es Ihnen um die Geschichten hinter den Fotos — um Politik, um die Darstellung von Macht?

 

Sens: Sicherlich das, aber wir wollen mehr. Wir betreiben mit dieser Ausstellung vor allem aktive Erinnerungskultur. Es ist die Möglichkeit, die Perspektive zu erweitern, also weg vom aktuellen tagespolitischen Geschehen hin zu den ganz großen Fragen.

 

I: Und daher haben Sie in Ihrer Auswahl nicht nur Fotos mit politischer Aussage es sind ja auch Hollywood-Größen wie zum Beispiel Marylin Monroe vertreten.

 

Sens: Wer behauptet denn, dass dieses Foto nicht auch eine politische Dimension hat?

 

I: Die Monroe ist eine Hollywood-Ikone, sie ist Filmstar, Fotomodell…

 

Sens: Wenn Sie sich für dieses Foto des „Time-Magazins“ aus dem Jahr 1953 etwas Zeit nehmen, dann sehen Sie bestimmt noch sehr viel mehr als Hollywood. Dieser spezielle Blick der Monroe fordert doch geradezu auf, über Weiblichkeit, das Rollenverständnis der Geschlechter, ja über unsere Gesellschaft nachzudenken.

 

I: Ja, und ein ganz anderes Thema greifen Sie mit den Katastrophen-Fotos auf...

 

Sens: In den letzten Jahren häufen sich Naturkatastrophen. In Japan, Chile, Haiti, China, in Indien und Pakistan kosteten Beben und Flutwellen immer wieder unzählige Menschenleben.

 

I: Einige Fotos der Ausstellung zeigen zum Beispiel Überlebende des Taifuns Haiyan.

 

Sens: Ja. Das war 2013 einer der stärksten tropischen Wirbelstürme, der seit Beginn der Wetteraufzeichnungen beobachtet wurde. Haiyan verursachte große Schäden und eine große Zahl von Opfern auf den Philippinen.

 

I: In der Provinz Leyte waren 10.000 Tote zu beklagen Über vier Millionen Menschen waren obdachlos und benötigten dringend Hilfe. Das sind jedoch nicht die einzigen Katastrophenbilder Ihrer Ausstellungen. Kommen wir zu…

【听力丨C1】Das Interview mit Oliver Sens, Kurator der Ausstellung

2021-10-31
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